Unser Dozent Marek Körner im Interview
In unserem Masterlehrgang Management von Sozialeinrichtungen – Schwerpunkt Kinder- und Jugendeinrichtungen werden Fähigkeiten vermittelt, soziale Einrichtungen auf der Basis rechtlicher, betriebswirtschaftlicher und in der Praxis bewährter Managementkenntnisse zu führen und zu leiten.Mit wissenschaftlicher Herangehensweise entwickeln die Studierenden ein Verständnis für Organisationsstrukturen in komplexen gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen. Das praxisorientierte Studium ist so konzipiert, dass durch die Bearbeitung realer und aktueller Problemstellungen das Gelernte sofort im Berufsalltag anwendbar ist.In den Studiengängen lehren neben Professor*innen und Lehrbeauftragten auch Praktiker*innen aus der Sozialwirtschaft. Seit 6 Jahren gehört auch Marek Körner zu unseren Dozierenden.Im Interview mit Viola Strittmatter spricht er über seine Motivation, in diesem Studiengang zu lehren und über die Besonderheiten des Studienangebots.
Wo und in welcher Position arbeiten Sie derzeit?
Ich arbeite Bei FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH als Prokurist, Bereichsleiter West, sowie als Geschäftsleiter der Region Köln-Berg. FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH ist im Bereich der Kindertageseinrichtungen mit knapp 17.000 betreuten Kindern und ca. 4.000 Mitarbeiter*innen Deutschlands größter Freier Träger.
Was ist Ihre Motivation als Dozent in diesem Studiengang tätig zu sein? Was führte sie zu uns?
Durch meine langjährige Beschäftigung beim Paritätischen Hessen als Referent für Soziale Arbeit war mir die Paritätische Akademie als Fort- und Weiterbildungsstätte natürlich umfassend bekannt und geschätzt. Die Verbindung und auch Grenzen von wissenschaftlicher Theorie und Lehre sowie deren Entsprechung und Umsetzung in die Praxis Sozialer Arbeit sind spannend und herausfordernd.
Was lehren Sie im Studiengang und warum ist dieses Thema für die Qualifizierung von (zukünftigen) Führungskräften in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe so wichtig?
Meine Lehre befasst sich mit den Rahmenbedingungen und Grundsätzen der Finanzierung in der Kinder- und Jugendhilfe, sowie der Theorie und Praxis der Sozialraumorientierung. Die Befassung mit den individuellen, aber auch sozialräumlichen Bedürfnissen und Bedarfen der betroffenen Menschen, deren sozialrechtliche Interpretation und gesetzliche Einordnung, ist eine bedeutende Grundlage der Sozialen Arbeit und des Sozialstaatsprinzips. Führungskräfte haben u.a. die Aufgabe diesen Anspruch in strategisches, wirtschaftliches und finanzielles Handeln für ihre soziale Institution umzusetzen. Die gelungene Aushandlung von Kooperationen, Verträgen und Vereinbarungen stellt dabei eine wichtige Basis des Erfolges und letztlich der guten Wirkung für die Betroffenen dar.
Was ist aus ihrer Sicht das Besondere an dem Studiengang?
Eindeutig die Teilnehmer*innen! Sie kommen aus den unterschiedlichen Feldern der Sozialen Arbeit, bringen ihre bereits gemachten persönlichen und fachlichen Erfahrungen, Kenntnisse, aber natürlich auch Fragen und kritischen Aspekte direkt ein und tragen dazu bei, eine besondere Atmosphäre des Dialoges, Nachdenkens und Lernens zu gestalten.
Haben Sie von den Studierenden etwas gelernt und wenn ja, was?
Soziale Arbeit – überhaupt die Arbeit mit Menschen – lebt vom Diskurs und vom Betrachtungsstandpunkt. Ich habe mit den Studierenden gelernt, Dinge aus ihren verschiedenen fachlichen Perspektiven zu betrachten und dabei andere Herangehensweisen und Lösungen zu sehen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: © Bettina Straub
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Eine Weiterbildung für Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin
Was uns antreibt
Soziale Organisationen wollen etwas in der Gesellschaft zum Positiven verändern. Sie wollen die Situation ihrer Zielgruppe verbessern – ältere, kranke oder abhängige Menschen, Familien, arme Menschen oder Menschen mit Behinderung. Das heißt, soziale Organisationen bemühen sich darum, dass ihre Arbeit eine gesellschaftliche Wirkung zeigt. Aber wie können sie beurteilen, ob ihre Arbeit die gewünschte Veränderung erreicht?
Diese Konzeptvielfalt erschwert Geldgebern wie auch Vertretern der Sozialwirtschaft möglichweise, sich mit den Ansätzen der Wirkungsorientierung vertieft auseinanderzusetzen. Diese Weiterbildung Wirkungsmanagement führt in die Denkweisen der Wirkungsorientierung ein und befähigt die Teilnehmenden dazu, die Arbeitsprozesse in ihrer Organisation wirkungsorientiert zu planen, zu steuern und ihre Wirkung transparent zu machen.
Als Dach- und Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege wollen wir das Thema Wirkungsorientierung im Kontext der sozialen Arbeit konkret mitgestalten, die Debatte um die Wirksamkeit sozialer Arbeit weiter voranbringen, und bieten deshalb ein Programm zur Wirkungsorientierung an. Unsere Erfahrungen damit zeigen: Es gibt Methoden, die uns helfen, die Wirkungsorientierung zum Nutzen sozialer Organisationen und deren Klientel zu implementieren.
Zwei Partner – ein gemeinsames Ziel
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin hat in Kooperation mit der Phineo gAG, einem gemeinnützigen Analyse- und Beratungshaus für wirkungsvolles gesellschaftliches Engagement, von 2014 bis 2017 ein umfangreiches Pilotprojekt zur Wirkungsorientierung durchgeführt. Der Pilot umfasste 17 Mitgliedsorganisationen aus zwei Referaten (Jugendhilfe /Hilfen zur Erziehung und Sucht/HIV/Aids/Gesundheit). Die Erfahrungen der sozialen Organisationen und ihren Mitarbeitenden in der praktischen Umsetzung von Wirkungsorientierung wurden als äußerst gewinnbringend eingeschätzt. Der Fokus lag darauf, Voraussetzungen, Chancen und Grenzen von Wirkungsorientierung auszuloten.
Ziele und Zielgruppen – wen wir erreichen wollen
Wir wollen Mitarbeitende der teilnehmenden Organisationen und allgemein Interessierte zu Wirkungsmanagerinnen und ‑managern ausbilden. Im Zusammenhang mit der Weiterbildung sollen Wirkungsprojekte in den Organisationen umgesetzt werden. Zielgruppen der Weiterbildung sind Paritätische Mitgliedsorganisationen sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Fach‑, Projekt- und Leitungsebene und allgemein Interessierte an dem Bereich Wirkungsorientierung.
Ansatz und Ausrichtung
Die Wirkungsmanagement-Weiterbildung basiert auf dem Ansatz, Projekte und Angebote sozialer Arbeit auf ihre Wirkung hin zu analysieren, zu planen und umzusetzen. Wirkungsorientierte Organisationen betreiben diesen Prozess bewusst und steuern ihn aktiv. Sie klären ihre Wirkungslogik, formulieren konkrete Wirkungsziele, leiten Indikatoren ab und überprüfen systematisch ihre Zielerreichung mit angemessenen Methoden. In der Weiterbildung stehen das Üben der Methoden und ihre Anwendung im Vordergrund, wobei Diskussionen theoretischer Modelle unverzichtbarer Bestandteil sind. Eine Prozessbegleitung der einzelnen Wirkungs-Projekte der Teilnehmenden erfolgt.
Ausblick in die Zukunft – nach der Weiterbildung geht es weiter
Die Weiterbildung „Wirkungsmanagement“ in der Paritätischen Akademie ist ein erster und wichtiger Schritt, der das Thema Wirkungsorientierung für Mitgliedsorganisationen zugänglich machen soll – aber bei Weitem nicht der letzte. Mittelfristig wollen wir im Landesverband Berlin zusammen mit der Paritätischen Akademie und den Paritätischen Mitgliedsorganisationen den Bereich Wirkungsorientierung weiter ausbauen. Wir wollen Raum schaffen für Vernetzung und Austausch und uns kollegial darin unterstützen, die Wirksamkeit unserer Projekte zu stärken und zu kommunizieren.
Ziel ist dabei immer, einen sozialen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen.
Gabriele Schlimper,
Geschäftsführerin Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e.V.
Die Ausschreibung zur Weiterbildung Wirkungsmanagement finden Sie hier.
Weitere Informationen und Beispiele aus der Praxis lesen Sie hier im aktuellen Artikel zur Wirkungsorientierung in der sozialen Arbeit in der Fachzeitschrift „Sozialwirtschaft aktuell“.
Nachfragen beantworten:
Hans-Jürgen Wanke, Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e.V.
Tel: 030 86001 186
Anne Jeglinski, Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e.V.
Tel: 030 86001 601
Dilek Yüksel, Paritätische Akademie Berlin gGmbH
Tel: 030 2758282 17
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Wirkungsorientierung gewinnt in der Sozialen Arbeit steigende Bedeutung. Ein Kooperationsprojekt des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin mit Phineo soll praktische Möglichkeiten der Planung und Durchführung sozialer Angebote im Hinblick auf Wirkungsziele erkunden. Von Dr. Gabriele Schlimper
Woran erkennen wir, ob wir mit unserer Arbeit erfolgreich sind? Diese Frage beschäftigt Marcus Neuenfeldt-Kock, seit dem er mit sich mit dem Thema Wirkungsorientierung auseinandersetzt. Beim Träger Jugendhilfe in Lichtenberg gGmbH leitet er die Wohngruppe Rückenwind, in der Kinder von sechs bis zwölf Jahren an fünf Tagen in der Woche wohnen. Eine wichtige Erkenntnis war für Neuenfeldt Kock: Die Wirkungsziele der Hilfsangebote müssen klar gesteckt und präzise formuliert sein, damit man ihren Erfolg ermitteln kann.
So zum Beispiel bei einem elfjährigen Jungen, der Probleme in der Schule hatte. In der Hilfeplanung des Jugendamts ist für solche Fälle festgeschrieben, dass sich das Verhalten des Kindes in der Schule verbessern soll. »So formuliert, ist ein Erfolg, das Erreichen des Ziels, nur schwer fest zustellen. Denn was genau soll sich denn verbessern?«, erklärt Marcus Neuenfeldt Kock.
Geholfen hat es dem Team der Wohngruppe, das Ziel durch konkrete Fragen in kleinere Einzelziele aufzuteilen. Es wurde deutlich: Es ging gar nicht generell um das Verhalten des Kindes in der Schule, sondern nur um Probleme mit einem bestimmten Lehrer. »Nachdem wir das ermittelt hatten, konnten wir uns gemeinsam mit den Eltern wöchentlich mit diesem Lehrer zusammensetzen und konkrete Maßnahmen erarbeiten, deren Erfolg wir auch messen konnten«, berichtet Marcus Neuenfeldt-Kock. Die Wirkung der Arbeit war dadurch viel besser erkennbar: »Uns wurde klar: Wir haben Erfolg, wenn es uns gelingt, das Kind zum Mitmachen an dieser Unterrichtsstunde zu motivieren. Und auch für den Jungen gab es dadurch ein Erfolgserlebnis.«
Wie lässt sich Soziale Arbeit mit Blick auf ihre gesellschaftliche Wirkung planen und steuern? Wie kann Soziale Arbeit sinnvoll und nachhaltig wirken – und wie kann ihre Wirkung in die Konzeption und Durchführung von Projekten einfließen? Diese Fragen beschäftigen den Träger Jugendhilfe in Lichtenberg gGmbH, aber auch viele soziale Organisationen und Verbände. Denn sie sehen sich immer wieder mit einer Steuerungspolitik konfrontiert, die vor allem ökonomische Kriterien im Blick hat. Gerade bei der Planung öffentlicher Haushalte werden soziale Organisationen als steigender Kostenfaktor gewertet und ihre gesellschaftliche Wirkung ausgeklammert. Durch mehr betriebswirtschaftliche Kontrolle, so eine gängige Annahme, lasse sich die Effektivität erhöhen und die Steigerung der Entgelte für Soziale Arbeit eindämmen.
Dabei ist der alleinige Fokus auf die Kosten für Einzelleistungen kontraproduktiv. Denn statt Hilfe zur Selbsthilfe zu fördern und Fälle zu beenden, also Menschen aus dem Hilfesystem in die Selbständigkeit zu entlassen, entsteht ein finanzieller Anreiz, die reinen Fallmengen zu steigern. Vernachlässigt wird dabei, welche sozialen Angebote wirklich sinnvoll sind und langfristig den besten Effekt für Nutzerinnen und Klienten haben. So zu arbeiten, ist frustrierend für alle Beteiligten und nicht im Interesse der Klientinnen. Die Soziale Arbeit verliert durch dieses System ihre professionelle Autonomie. Kosten werden dadurch nicht gesenkt, im Gegenteil.
Gesucht: Eine Alternative zum Kostenfokus
Um dieser Entwicklung konstruktiv entgegenzuwirken, entschloss sich der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin e. V. im Jahr 2014, ein Pilotprojekt in Kooperation mit der gemeinnützigen Phineo AG zu starten. Im August 2014 schlossen die Partner eine Kooperationsvereinbarung ab, die beinhaltete, dass Phineo und der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin gemeinsam das Thema Wirkungsorientierung in den Blick nehmen. Dazu sollten gemeinsame Projekte zum Thema Wirkungsorientierung bei Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin umgesetzt werden. Die teilnehmenden Organisationen konnten aus zwei Referaten gewonnen werden: Träger der Hilfen zur Erziehung aus dem Referat Jugendhilfe, ein primär entgeltfinanzierter Bereich, sowie Träger aus den Feldern Suchthilfe, Gesundheit, HIV und Aids, primär zuwendungsfinanzierte Bereiche.
Einzelgespräche zwischen Referentinnen und Referenten des Paritätischen, Beratern von Phineo und Vertretern der Mitgliedsorganisationen schufen den Rahmen, um die Interpretationen von Wirkungsorientierung sowie die Ziele und Interessen der Beteiligten auszuloten. Bei anschließenden Workshops wurden die Kenntnisse im Hinblick auf Wirkungsorientierung ausgebaut und vertieft. 18 Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin entschieden sich schließlich für die Teilnahme am Projekt: Die sieben Organisationen aus dem Bereich Hilfen zur Erziehung haben Trägerverträge mit dem Land Berlin auf Grundlage des Berliner Rahmenvertrag und bieten ambulante und stationäre Hilfen zur Erziehung an. Die elf Mitgliedsorganisationen aus dem Referat Suchthilfe, Gesundheit und HIV/Aids sind Träger von zuwendungsfinanzierten Angeboten und Einrichtungen nach § 75 SGB XII.
Das Kooperationsprojekt war zu Beginn bewusst offen ausgelegt, um das Projektkonzept gegebenenfalls anpassen zu können. In den Beratungsprozessen, die 2015 begannen, wurden unter anderem die Intensität der Beratung vor Ort und die jeweilige Rolle der Partner diskutiert. Zudem galt es, den Ansatz von Phineo für Wirkungsorientierung und den Blick der Träger auf Steuerung sinnvoll zu verknüpfen. Es entstand ein kontextbezogenes Wirkungsmodell. Mitarbeitende der beteiligten Träger nahmen an einem Schulungsprogramm zum Wirkungsmanager oder zur Wirkungsmanagerin mit vier Präsenzzeiten und einer neunmonatigen Praxisphase teil.
Jede teilnehmende Mitgliedsorganisation setzte ein Wirkungsprojekt in der eigenen Organisation um – basierend auf den gemeinsam erarbeiteten Arbeitsmaterialien und Ablaufplänen. Zusätzlich wurden die Träger individuell beraten. Begleitet wurde die Weiterbildung durch sogenannte Wirkungsdialoge, auf denen sich sowohl die Teilnehmenden als auch die Geschäfts führenden der beteiligten Träger über Chancen und Grenzen von Wirkungsorientierung austauschten.
Wirkungsorientierung als Haltungsfrage
Was wir vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin nach Abschluss der ersten Phase des Wirkungsprojekts bereits sagen können: Ein Umdenken hat eingesetzt – von der reinen Leistungsbeschreibung hin zu der Frage: »Wie können wir den gesellschaftlichen Nutzen erreichen, auf den wir hinarbeiten?« Das Konzept von Wirkungsorientierung geht über klassisches Qualitätsmanagement hinaus. Vielmehr steht es für eine Haltung, Projekte und Angebote mit Blick auf ihre Wirkungen – also Veränderungen bei den Zielgruppen – zu planen, umzusetzen, zu analysieren und zu verbessern.
Die Organisationen lernen durch die Reflexion, sich stärker mit dem Kern ihrer Arbeit auseinanderzusetzen: der Hilfe für bedürftige Zielgruppen angesichts eines herausfordernden Arbeitsumfelds und ökonomischer Knappheit. Werden erzielte Wirkungen sichtbar, stärkt das nicht nur das professionelle Selbstverständnis der Projektmitarbeiten den. Wer plausibel machen kann, dass die eingesetzten Ressourcen zu Veränderungen bei den Zielgruppen führen, hat gewichtige Argumente gegenüber Mittelgebenden. Wenn sich der Blick auf Soziale Arbeit dadurch verändert – weg von reiner Kostenorientierung hin zum Fokus auf gesellschaftliche Wirkung – wird das perspektivisch auch Auswirkung auf Verträge mit der öffentlichen Hand haben. Wir wollen dazu beitragen, dass das Ge lernte fest in den Organisationen verankert wird und dort von Nutzen ist. Wir möchten aber auch, dass möglichst viele Träger von dem Pilotprojekt profitieren. Daher haben wir begonnen, die Erfahrungen und Ergebnisse unserer Mitgliederaufzubereiten und der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Beispiel Rheuma-Liga Berlin: Information auf Augenhöhe
Die Rheuma-Liga Berlin konnte das in der Schulung erworbene theoretische Wissen in ihr exemplarisches Praxisprojekt einbringen: Das Programm der Informationsveranstaltung »Arthrosetag« am 27. Oktober 2016 sollte durch mehr Einbeziehung von Patienten und Mitarbeitern besser auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmt werden. Es galt also, er wünschte Wirkungen als konkrete Ziele zu formulieren, an denen sich die gesamte Arbeit ausrichtet und gesteuert werden sollte. Das entscheidende Wirkungsziel war, Menschen mit Rheuma noch zielgerichteter über die Angebote der Rheuma-Liga Berlin zu informieren. Zudem sollte durch die Einbindung die Motivation der Beteiligten gestärkt werden.
Um die Zielgruppe besser einzubeziehen, fanden im Vorfeld der Veranstaltung Treffen, persönliche Gespräche und telefonische Interviews statt, aus denen zahlreiche Hinweise und konkrete Anregungen kamen. Auf dieser Grundlage konnte die Rheuma-Liga Berlin beim Arthrosetag, der mit über 500 Gästen sehr gut besucht war, die Gestaltung des Bühnen und Rahmenprogramms entsprechend anpassen: Ein zusätzliche sinteraktives Bewegungsprogramm durch einen Therapeuten wurde in das Bühnenprogramm aufgenommen. Zwei ehrenamtliche Gebärdensprach-Dolmetscherinnen übersetzen alle wissenschaftlichen Vorträge. Am Informationsstand der Rheuma-Liga Berlin wurde eine Präsentationswand zu neuen Bewegungs- und Aktivangeboten ausgestellt. Fragen hier zu beantworteten haupt- und ehrenamtlichen Ansprechpartner.
Die Herausforderung wird es in der Rheuma-Liga Berlin nun sein, Aspekte der Wirkungsorientierung auf andere Bereiche zu übertragen. Dafür bietet sich die Ausgestaltung anderer Informationsveranstaltungen nach dem erfolgreichen Vorbild des Arthrosetages an. Aber auch bei anderen Vorhaben sollen Elemente der Wirkungsorientierung künftig stärker berücksichtigt werden.
Beispiel Schwulenberatung Berlin: Von der Wirkung aus denken
»Wirkungsorientierung ist eine andere Denkweise: Projekte werden nicht vom Angebot aus gedacht, sondern von der gewünschten Wirkung«, sagt Stephan Jäkel von der Schwulenberatung Berlin. »Es gelingt mir dadurch viel besser, unsere Ziele und Vorhaben prägnanter und nachvollziehbarer darzustellen.« Die Schwulenberatung ist einer von elf Trägern aus dem Bereich Suchthilfe, Gesundheit und HIV/Aids, die am Pilotprojekt Wirkungsorientierung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin mit Phineo teilnahmen.
In einem der ersten Treffen lernten die Teilnehmenden die Wirkungstreppe als Instrument der wirkungsorientierten Steuerung kennen. Sie definiert in sieben Stufen, welche Ziele ein Projekt bei der Ziel gruppe und in der Gesellschaft erreichen soll. Auf dieser Basis entwickelte die Schwulenberatung Berlin ein Angebot zur Inklusion von LSBTI-Geflüchteten (schwul, lesbisch, bi‑, trans- und intersexuell). »Die Ziele unseres Angebots entlang der Wirkungstreppe zu definieren, war für mich ein Schlüsselerlebnis«, sagt Stephan Jäkel.
Diese wirkungsorientierte Herangehens weise blieb bei den übrigen Mitarbeitenden der Schwulenberatung Berlin nicht unbemerkt, über alle Abteilungen hinweg gab es Interesse für den wirkungsorientierten Ansatz. »Auch die Kollegen, die nicht direkt mit LSBTI-Geflüchteten arbeiten, identifizieren sich noch stärker mit unserer Organisation, weil sie sehen, dass wir bei diesem Thema viele Geflüchtete unterstützen können und darüber hinaus einen echten Beitrag zur strukturellen Verbesserung der Lebenssituation der Zielgruppe leisten.« Er habe schon mehrere Fortbildungen zu Qualitätsmanagement gemacht, sagt Stephan Jäkel, aber der Ansatz von Wirkungsorientierung sei bislang am umfassendsten. Dennoch sieht der Abteilungsleiter auch Grenzen. »Jedes Detail von Beginn an wirkungsorientiert zu planen, kostet viel Zeit und Energie. Deshalb finde ich die Frage völlig legitim, ob die Investition für jedes Projekt Sinn macht.«
Für die Schwulenberatung Berlin und die Zielgruppe der LSBTI-Geflüchteten habe sich der Aufwand in jedem Fall gelohnt, sagt Jäkel. Derzeit überarbeiten er und seine Kolleginnen und Kollegen das Leitbild ihrer Organisation mit dem Fokus auf Wirkungsorientierung. Anschließend wollen sie sich auch die anderen Tätigkeitsbereiche der Schwulenberatung Berlin ansehen. »Ich bin mir sicher, dass Wirkungsorientierung auch für weitere Projekte ein hilfreiches Instrument bleibt.«
Bewusstere Haltung entwickelt
Auch in der Wohngruppe Rückenwind JuLi gGmbH will man dranbleiben und das Thema Wirkungsorientierung weiterverfolgen. »Wir haben gemerkt, dass man diese Herangehensweise auf weitere Bereiche der eigenen Arbeit übertragen kann«, berichtet Wohngruppenleiter Neuenfeldt-Kock. Wenn jetzt zum Beispiel die Eltern zu einem gemeinsamen Kochabend in der Wohngruppe eingeladen werden, überlegt das Team vorher: Was wollen wir mit diesem Vorhaben erreichen? Was muss erfüllt sein, damit die Veranstaltung ein Erfolg war? Und hinterher wird geschaut, ob diese Ziele auch erreicht wurden.
Wirkungsorientierung immer und überall mitzudenken, das sei nicht immer umzusetzen, berichtet Marcus Neuenfeldt Kock. Der Blick auf die Wirkung sei im Lauf der Zeit ein Aspekt geworden, der bei der Arbeit immer im Hinterkopf bleibe. Eine Investition, die sich lohnt: »Wir haben eine Haltung entwickelt, mit der wir unsere Arbeit bewusster auf unsere Ziele und die Einbeziehung aller Beteiligten hin überprüfen. Durch die Wirkungsorientierung ist unser Handeln einfach greifbarer geworden.«
Der Beitrag ist erschienen in: Sozialwirtschaft aktuell, Nomos, Oktober 2017
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Seit 2001 führt die Paritätische Akademie gemeinsam mit der Alice Salomon Hochschule den berufsbegleitenden Fernstudiengang Sozialmanagement durch. An diesem Studiengang, der das Ziel hat Führungspersonal in der Sozialarbeit zu professionalisieren, haben inzwischen über 1.000 Studentinnen und Studenten teilgenommen.
Dabei ist der Anteil der Studentinnen von 57 Prozent in den Jahren von 2001 – 2009 auf 66 Prozent in der letzten Dekade gestiegen. Das spiegelt wider, dass sich inzwischen mehr Frauen eine Führungsposition in sozialen Organisationen zutrauen. Das Durchschnittsalter beim Studienbeginn beträgt 35 Jahre. Knapp die Hälfte der Studentinnen und Studenten arbeiteten als Fachkräfte, ein Drittel hatte bereits eine Position in der Team- oder Bereichsleitung.
Wir haben im Oktober 2019 die Absolventinnen und Absolventen der letzten fünf Jahrgänge befragt, wie zufrieden Sie mit diesem Studium waren. Mit sehr gut oder gut wurden von 81 Prozent der Befragten die Studieninhalte insgesamt eingeschätzt, wobei die fachliche Qualität der Lehre (94 %) und die Aktualität der Inhalte (91 %) besonders positiv gesehen wurden.
Die Befragten gaben an, am meisten von den Modulen Management in Organisationen (88 %), Führen und Leiten (85 %), Organisationsentwicklung (84 %) und Recht (82 %) profitiert zu haben.
Als größtes Defizit wurde genannt, dass der Themenbereich Digitalisierung/Social Media in der Sozialwirtschaft zu wenig behandelt wurde. An dieser Stelle haben wir bereits gegengesteuert und im aktuellen Curriculum diesen Bereich deutlich aufgewertet.
Von welchen der folgenden Module und Studieninhalte haben Sie am meisten profitiert?

Eine Besonderheit dieses Studienganges ist, dass in allen Präsenzblöcken jeweils die Betreuung durch professionelle Coaches angeboten wird. Von 85 Prozent der Befragten wurde dies als eine Bereicherung sowohl für das Studium als auch die berufliche Praxis gewertet.
Rückblickend beurteilten 90 Prozent der Absolventinnen und Absolventen die Vereinbarkeit des Studiums mit ihrem ausgeübten Beruf, und 80 Prozent die Vereinbarkeit mit ihren damals bestehenden privaten und familiären Verpflichtungen als gut oder eher gut. Dementsprechend konnten 73 Prozent ihr Studium in der Regelstudienzeit abschließen. Weitere 17 Prozent benötigten nur ein Urlaubssemester.
Unterstützung durch Ihren Arbeitgeber erhielten 60 % der Befragten, wobei es schon für 42 Prozent während des Studiums eine berufliche Veränderung gab, für weitere 32% nach dem Studium. Besonders zufrieden waren die Befragten mit der Betreuung durch die Referentinnen der Paritätischen Akademie (95 % zufrieden oder eher zufrieden) und dem Aufbau und der Struktur des Studiengangs (94 %) und, besonders wichtig, mit dem erreichten Wissen und Können (92 %).
Daher würden auch 90 Prozent der Befragten diesen Studiengang weiterempfehlen.